Alte Eiche beim Kugelbunker (1936–1945)
Erinnerungen an den Krieg
Nichts kann die Schrecken des Krieges eindrücklicher vermitteln als die persönliche Erinnerung von Zeitzeugen. Hier, unter der alten Eiche beim ehemaligen Kugelbunker, kommt deshalb die 1933 in Leibstadt geborene Beth Knöri zu Wort. Sie erinnert sich daran, wie sie den Zweiten Weltkrieg in ihrem Dorf erlebt hat:
«Es gibt Krieg!», hörte man im Dorf. Das musste etwas Furchtbares sein. Wir spürten die Angst der Eltern und der Grossmutter.
Der Vater wurde eingezogen. In unserm Bauernhaus, mitten im Dorf, wurde Militär einquartiert: Im Büro, neben der Stube, waren die Post und das Nachrichtenbüro untergebracht. In einem Zimmer schliefen zwei Unteroffiziere, in einem anderen Zimmer Hauptmann Belart.
Vor unserm Haus stand eine Wache. Das Haus stand Tag und Nacht offen. Bei Fliegeralarm hörten wir nachts die Bomber immer näher kommen. Wir verkrochen uns unter die Decke. Wenn die Sirene heulte, sagte Grossmutter: «Nehmt einen Laib Brot unter den Arm. Wir müssen im Keller Schutz suchen.» Wegen der Einquartierung mussten wir enger zusammenrücken. Manchmal schliefen zwei oben und zwei unten in den Bauernbetten. An den Sonntagen erhielten die Soldaten oft Besuch von ihren Frauen und Kindern. Unser Haus war voller Leute. Das war für uns selbstverständlich. In der Schule durften wir Soldatenbrieflein schreiben. Wenn wir Antwort darauf bekamen, machte es uns ganz stolz. Die Soldatenküche befand sich beim Sekundarschulhaus, oberhalb unseres Hauses. Wir bekamen oft Kakao – das war das Beste! – aber auch Suppe mit Spatz oder Reste vom Mittagessen. Äpfel und Brot hatten wir aus unserem Vorrat aus dem Keller.
Bis in unser Spiel hinein wirkte sich der Krieg aus. Unsere Mutter nähte grüne Soldatenkappen, aus Holz wurden Säbel zusammengenagelt und so wurde das Hauptverlesen abgehalten. In der «Salamatt» gruben die Buben auf Leonis Wiese einen Unterstand aus. S‘ Hanselifranzen von der Brühhalde standen oben auf der Halde und von unten wurde Krieg geführt! Erika Steinacher, Gret Vögeli und ich waren Soldatenmütter. Auf Befehl mussten wir alles heranschaffen, was befohlen wurde. Wir nahmen die Sache sehr ernst!
Als Albbruck und Waldshut bombardiert wurden, flohen wir in den Keller. Nur mein Bruder Pauli stand zuoberst auf dem Dach beim Kamin. Splitter fielen vom Himmel! Endlich gehorchte Pauli der Mutter und stieg vom Dach herunter. Auf der Laube hingen Umhängeschilder mit unseren Namen darauf. Im Ernstfall hätten unsere Mutter, die Grossmutter, mein älterer Bruder Paul und ich mit einem Wagen und einer Kuh über das Bossenhaus in die Gegend von Wil fahren müssen. Die beiden kleineren Geschwister Heini und Erika wären abgeholt und in die Innerschweiz gebracht worden.
Beim Metzgermeister Erne stand man abends am Fenster, um aus dem Radio die neuesten Nachrichten zu vernehmen. Das Hauptverlesen fand auf dem Schulhausplatz statt. Das war für uns Kinder immer ein eindrückliches Erlebnis.
Als die Franzosen in Dogern und Waldshut einmarschierten, stand die Bevölkerung von Leibstadt an der Friedhofmauer und beobachtete, was sich ennet des Rheins abspielte. Frauen mit Kinderwagen standen vor der Absperrung und wollten in die Schweiz.
Ich spüre manchmal heute noch die Angstgefühle aus jener Zeit. Manches kann man sich überhaupt nicht mehr vorstellen: für den Holzboden in der Stube gab es keine Bodenwichse, also musste ich im Keller von der Milch im Milchbecken den Rahm abschöpfen. Damit wurde dann der Boden eingeschmiert. Die Textilmarken, die uns zugeteilt waren, gaben wir unsern Verwandten in Basel und Zürich. Dafür bekamen wir ganze Kisten voll getragener Kleider. Ich verspüre heute noch das wunderbare Glücksgefühl in mir, als es hiess: «Der Krieg ist vorbei!»
Das Bänkli
Für diese Dekade der Kriegsjahre 1936–1945 wollte man hier ein „starkes“ und „massives“ Bänkli, symbolisch passend zum naheliegenden Bunker und das Holz passend zur starken Eiche. So wurde in Zusammenarbeit mit einer regionalen Zimmerei diese schlichte, aber sehr robuste Holzbank aus massivem Eichenholz geplant und geschaffen.